Stellungnahme des Düsseldorfer Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle ist die große
wohnungspolitische Herausforderung der nächsten Jahre.
Schwarz-Grün hat dazu keine überzeugenden Antworten!
Die wohnungspolitischen Pläne des Oberbürgermeisters und der schwarz-grünen Ratsmehrheit stehen in der Kritik. Die kommt nicht nur von der politischen Opposition, auch die Medien fällen ein wenig schmeichelhaftes Urteil. „Es ist nicht genug.“ kommentiert die „Rheinische Post“ knapp und treffend die bisherigen Absichtserklärungen (RP 11.2.21). Und wie reagiert Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller auf die Kritik? Vollkommen verständnislos: „Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Wir führen die Dinge fort, die in den vergangenen Jahren gut gelaufen sind“ (so im Interview mit der RP am 10.2.21). Für alle, die in Düsseldorf verzweifelt eine bezahlbare Wohnung suchen oder die wie aktuell die Mieter*innen der Aachener Wohnungsgesellschaft in der Kissinger Straße in Eller Angst haben müssen, durch modernisierungsbedingte Mietsteigerungen aus ihren Wohnungen verdrängt zu werden, muss die Aussage des Oberbürgermeisters wie Hohn in den Ohren klingen!
Die Landeshauptstadt soll nach dem Willen des Oberbürgermeisters in vielen Bereichen Spitze werden. Was den Anstieg der Immobilienpreise und Mieten in den letzten zehn Jahren betrifft, ist Düsseldorf das bereits! Für Immobilieninvestoren gehört die Stadt inzwischen zu den attraktivsten Standorten in Deutschland. Gebaut werden vor allem Hotels, möblierte Mikroapartments und hochpreisige Wohnungen, die sich nur Haushalte mit überdurchschnittlichen Einkommen leisten können. Für mehr als die Hälfte der Haushalte in Düsseldorf sind diese Wohnungen unerschwinglich. Die meisten dieser Haushalte müssen bereits mehr als 30 % ihres Einkommens für die Miete aufwenden. In der reichen Stadt Düsseldorf ist deshalb das Leben für viele Menschen von Wohnungsnot geprägt: Aktuell fehlen nach unserer Schätzung 50.000 bezahlbare Wohnungen! Über 20.000 Wohnungen stehen leer oder werden durch Zweckentfremdung dem Wohnungsmarkt entzogen. Mehr als 4.400 Menschen sind wohnungslos – ca. 700 leben auf der Straße. Für immer mehr Menschen sind steigende Mieten zum Armutsrisiko geworden. Langjährige Mieter*innen werden verdrängt, weil sie dem Renditestreben von Investoren im Weg sind.
Das sind ja wohl kaum die Dinge, die in den vergangenen Jahren gut gelaufen sind!
Um die Wohnungsnot wirksam zu bekämpfen, braucht es angesichts der Dimension des Problems mehr als wolkige Absichtserklärungen! Die einzige konkrete wohnungspolitische Festlegung in der Kooperationsvereinbarung von Schwarz-Grün betrifft das Handlungskonzept Wohnen, das allerdings nur bei Neubauten mit Bebauungsplan greift. Dass dieses Konzept nun 30% öffentlich geförderte Wohnungen vorsieht, etwas mehr als bisher, ist löblich, aber überhaupt nicht ausreichend. Auch zusammen mit der geplanten Mietsubvention im Wohnungsbestand (Ankauf von Belegungsrechten, um Mieten auf dem Niveau öffentlich geför-derter Wohnungen zu ermöglichen) wird der seit Jahren zu verzeichnende Rückgang des Anteils der Sozialwohnungen am Gesamtwohnungsbestand – er liegt aktuell bei nur noch 4,4% – sicher nicht aufzuhalten sein! Bis 2029 werden rund 8.000 Sozialwohnungen aus der gesetzlichen Mietpreisbindung fallen. Wollte man auch nur die bereits jetzt schon viel zu geringe Zahl an Sozialwohnungen konstant halten, müssten jährlich ca. 800 Sozialwohnungen neu hinzukommen. Das aber läge weit über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (450 neue Sozialwohnungen pro Jahr)!
Wie wollen Oberbürgermeister und schwarz-grüne Ratsmehrheit dieser großen Herausforderung begegnen? Überzeugende Antworten dazu gibt es bisher nicht! Wollen sie es überhaupt? Angesichts der mit wenigen Ausnahmen unverbindlichen Absichtserklärungen in der Kooperationsvereinbarung von CDU und Grünen sind Zweifel erlaubt. Die Pläne des Oberbürgermeisters und der schwarz-grünen Ratsmehrheit werden den wohnungspolitischen Herausforderungen jedenfalls nicht gerecht, sie sind unambitioniert und ohne eine Perspektive, die alle Einwohner der Stadt, und nicht nur den wohlhabenden Teil berücksichtigt! Der Erhalt bestehender und der Bau neuer Wohnungen, die sich auch Menschen mit niedrigeren Einkommen leisten können, zählen offensichtlich nicht zu den Prioritäten von Oberbürgermeister Keller und der schwarz-grünen Ratsmehrheit. Ein bloßes ‚weiter so‘ in der Wohnungspolitik reicht definitiv nicht! Nötig ist, wie auch vom DGB Düsseldorf gefordert, ein kraftvolles Investitionsprogramm für mehr bezahlbaren Wohnraum. Nötig ist darüber hinaus eine wohnungspolitische Umorientierung, eine Wende in der Wohnungspolitik, die sich am Gemeinwohl und nicht an der Rendite orientiert.
Diese Wende wird nicht von heute auf morgen zu verwirklichen sein, damit beginnen kann man aber sofort – wenn es politisch gewollt ist. Wir nennen exemplarisch zwei Bereiche, in denen die Stadt Düsseldorf schon jetzt mehr als in den letzten Jahren für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums bewirken könnte:
Bodenvorratspolitik: Im Wohnungsbau entfällt inzwischen mehr als die Hälfte der Gesamt-kosten auf spekulativ hochgetriebene Grundstückskosten. Um die Bodenspekulation einzudämmen, muss die Stadt wieder über einen deutlich höheren Grundstücksanteil verfügen. Wir begrüßen deshalb, dass der Oberbürgermeister und die schwarz-grüne Ratsmehrheit eine aktivere Bodenvorratspolitik betreiben und dazu auch vermehrt Vor- und Rückkaufrechte nutzen will. Städtische Flächen müssen dann aber auch zu günstigen Konditionen für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Bloße Absichtserklärungen reichen nicht, es müssen konkrete Fakten genannt werden: In welchem Umfang ist ein Grundstücksankauf ‚auf Vorrat‘ geplant und in welcher Höhe werden dafür Haushaltsmittel bereitgestellt?
Städtische Wohnungsgesellschaft: In der Kooperationsvereinbarung zwischen CDU und Grünen wird ein größeres Bauvolumen für die Städtische Wohnungsgesellschaft (SWD) „für die Zukunft“ als „wünschenswert“ bezeichnet. Diese vage Absichtserklärung ist vollkommen unbefriedigend, es ist eine völlig unverbindliche Luftbuchung, die zu nichts verpflichtet. Die SWD hat angekündigt, bis 2026 pro Jahr ca. 200 Wohnungen (allerdings nur zum Teil öffentlich gefördert) neu zu bauen. Das ist zwar mehr als in den Jahren zuvor, aber angesichts der Problemlage immer noch viel zu wenig. Die SWD muss nach unserer Auffassung so mit Kapital und Personal sowie mit günstigen Grundstücken ausgestattet werden, dass sie ein deutlich größeres Bauvolumen für bezahlbares Wohnen realisieren kann. Wir erwarten, dass die Stadt dazu verbindliche Ziele formuliert und konkrete Zahlen auf den Tisch legt! Gegen die Wohnungsnot muss sofort und nicht erst in ferner Zukunft etwas getan werden!“
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum Düsseldorf, 22.2. 2021