Nach der Anfang des Jahres gerade noch vermiedenen Pleite befindet sich der Immobilienkonzern Adler Group unter dem Druck seiner Anleihe-Großgläubiger (u.a. Blackrock und Pimco) derzeit in einem Prozess der Selbstabwicklung. Die Verantwortlichen der Adler Group mögen gedacht haben, schlimmer könne es nicht mehr kommen. Jetzt müssen sie lernen: Doch es kann.
Am Mittwoch, den 28.6. 23 hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitgeteilt, dass in Kooperation mit dem Bundeskriminalamt und Polizeistellen anderer Länder 21 Objekte von Adler Real Estate (97%ige Tochter der Adler Group, über die die meisten Immobilienprojekte des Konzerns abgewickelt werden) in Berlin, Düsseldorf, Köln und Erftstadt sowie in Österreich, den Niederlanden, Portugal, Monaco, Großbritannien und Luxemburg durchsucht wurden. Es geht für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 um die Vorwürfe der Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue zu Lasten der Aktionäre. „Die Durchsuchungen sind ein weiterer Tiefpunkt des beispiellosen Niedergangs der Adler Group“, schreibt die FAZ (28.6. 23).
Doch bei aller nachvollziehbaren Schadenfreude sollte man nicht vergessen: Das hochriskante und in erheblichem Maße auch kriminelle Geschäftsmodell der Adler Group – wir haben als Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wiederholt darüber berichtet – hat lange gut funktioniert, auch unter Beteiligung der Wirtschaftsprüfer vom KPMG, die inzwischen kalte Füße bekommen haben. Es hat so lange funktioniert, wie am spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkt die Gier noch größer war als die Sorge, dass es so auf Dauer nicht weitergehen könne. Aber schon im Jahr 2021, lange vor dem Krieg in der Ukraine, vor Inflation und Zinsanstieg, war das Unbehagen spürbar, es könne mit dem Boom bald ein Ende haben. Die Vorwürfe des britische Börsenspekulanten Fraser Perring gegen die Adler Group, die sich – wie die aktuelle Großrazzia zeigt – weitgehend erhärtet haben, fielen in einer schon verunsicherten Branche auf fruchtbaren Boden und wurden so zum Auslöser des rapiden Niedergangs der Adler Group.
Im Rückblick zeigt sich: Die Krise der Adler Group war das erste Wetterleuchten über einem spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkt. „Ein überhitzter Markt verursacht fast zwangsläufig Exzesse. … Der Fall der Adler Group zeigt wohl bisher nur einige der entstandenen Probleme. Weitere werden in den kommenden Monaten und Jahren noch ans Tageslicht kommen.“ hatte die Neue Zürcher Zeitung schon im letzten Jahr vorausschauend festgestellt (NZZ 2.5. 22). Das Statistische Bundesamt hat mit seinem jüngsten Quartalsbericht aufgezeigt, dass zum Wetterleuchten nun auch Blitz und Donner gekommen sind: Die Krise betrifft nicht mehr nur einzelne Unternehmen, sondern sie hat den Immobilienmarkt insgesamt erfasst. Die Immobilienpreise in Deutschland sind inzwischen so stark wie vor 20 Jahren nicht mehr eingebrochen.
Sumpfblüten wie die Adler Group können nur da gedeihen, wo es einen Sumpf gibt. Die Empörung über spektakuläre Einzelfälle wie die Adler Group darf nicht den Blick darauf verstellen, dass das eigentliche Problem der Immobilienmarkt selber ist, dessen spekulative Eigendynamik zwangsläufig immer wieder solche Sumpfblüten hervorbringt.
Leider fehlen den Kommunen aber die gesetzlichen Mittel bis hin zur Enteignung, um wirksam gegen die Spekulation auf dem Immobilienmarkt vorzugehen – eine leidvolle Erfahrung, die Düsseldorf gerade mit den sechs Adler-Projekten in der Stadt macht. So bleibt der Stadt nur die Hoffnung, sich dort aus den Beständen der zum Verkauf gezwungenen Adler Group günstig bedienen zu können, wo sie sich ein Vorkaufsrecht gesichert hat (Gerresheim, Benrath). Eine Hoffnung, die sich aber auch als trügerisch erweisen könnte.