20.11.2025

Nach den Sondierungsgesprächen von CDU und Grünen:

Weniger bezahlbare Wohnungen und kaum Greifbares im Kampf gegen Spekulation und Verdrängung

CDU und Grüne haben nach den Sondierungen beschlossen, in förmliche Koalitions-gespräche einzutreten. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Aber nach dem, was bisher bekannt ist, wird es keine grundlegende Wende in der Wohnungspolitik geben. Mit der CDU als stärkerem Partner konnte man das realistischerweise auch nicht erwarten. Natürlich wissen wir, dass Koalitionen Kompromisse erfordern. Aber die Fallhöhe zwischen der Wahlkampfrhetorik, besonders die der Grünen, und den Sondierungsergebnissen ist beträchtlich.


Bezahlbaren Wohnraum schaffen?

Weil die private Wohnungswirtschaft von sich aus nicht richtig in die Gänge kommt, soll die Bautätigkeit durch Anreize erhöht werden. Erreicht werden soll das durch die Reduzierung verbindlicher Vorgaben des Baulandmodells beim Bau von Sozialwohn-ungen. Im Klartext heißt das: durch geldwerte Geschenke an die private Wohnungswirtschaft! Bei größeren privaten Projekten (mit Bebauungsplan) soll nicht mehr ver-langt werden, dass 50 % öffentlich geförderte Wohnungen sein müssen (d.h. Sozial-wohnungen mit Startmieten von 7,85 € bzw. 9 € pro qm). Jetzt genügen auch 30 %. Die restlichen 20 % sollen durch eine sogenannte „Gemeinwohlquote“, d.h. durch „gemeinwohlorientierte Elemente“, erreicht werden. Und wenn in den Erläuterungen dazu an erster Stelle Wohnungen genannt werden, die mit Förderung durch das städtische Impulsprogramm gebaut werden – also mit einer Startmiete von 12,00 € qm! – wird deutlich, wohin die Reise geht: Private Wohnungsunternehmen müssen künftig weniger preiswerte Wohnungen bauen! Stattdessen dürfen sie mehr Wohnungen errichten, die teurer und damit für viele Menschen nicht mehr erschwinglich sind, mit denen sich aber höhere Renditen erwirtschaften lassen.


Auf städtischen Flächen soll die Quote für geförderte Wohnungen ebenfalls reduziert werden: Statt 60% sollen künftig nur noch 40% auf Sozialwohnungen entfallen, der Rest soll auch hier durch „gemeinwohlorientierte Elemente“ abgedeckt werden. Das Versprechen, auf städtischen Flächen „konsequent 100 % bezahlbaren Wohnungsbau“ zu realisieren, gilt offensichtlich nicht mehr (wenn es überhaupt je ernst gemeint war). Auch das geplante Pilotprojekt ‚Umwandlung von Büros in Wohnraum’ richtet sich nach den Absprachen der künftigen Koalitionäre ausdrücklich an Haushalte mit mittleren Einkommen – also gerade nicht an diejenigen, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben!


Von der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum, wie im Wahlkampf von den Grünen und auch der CDU versprochen wurde, kann bei diesen Absichten keine Rede sein! Über 50 % aller Miethaushalte – wir reden hier von mindestens 150.000 Haushalten – können sich keine Wohnungen mit Quadratmeterpreisen von 12 €/qm aufwärts leisten!


Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Investoren das nur vage umschriebene Konstrukt „gemeinwohlorientierte Elemente“ als Einladung verstehen, ungeliebte städtische Auflagen trickreich zu unterlaufen oder zu umgehen.

Kampf gegen Spekulation und Verdrängung?

  • Wie man künftig gegen Entmietungen und Verdrängungen im Wohnungsbestand vorgehen will, wird nicht konkretisiert. Da ist die Rede von „genauer hinschauen“, künftig drohenden Bußgeldbescheiden und einer „insgesamt härteren Marschroute bei ordnungsbehördlichen Verfahren“. Was das in der Praxis konkret bedeutet, bleibt offen. Vorerst sind es nur gut klingende Ankündigungen.
  • Um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, ist es grundsätzlich zu begrüßen, verstärkt gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen. Die beabsichtigte Reduzierung des erlaubten Zeitraums für Kurzeitvermietungen auf 56 Tage ist ein Schritt in die richtige Richtung. Besser wäre aber, Kurzzeitvermietungen ganz zu untersagen und nur in bestimmten Ausnahmefällen zu genehmigen. Allerdings ist die Stadt bei der Regulierung von Kurzzeitvermietungen von Gesetzen und Verordnungen auf Landes- und Bundesebene abhängig. Ob und wann die kommen, ist unklar. Kurzfristig wird hier also nichts passieren.
  • Wir unterstützen die Absicht, künftig stärker gegen ungerechtfertigte Mietpreis-erhöhungen vorzugehen. Wie das genau geschehen soll, bleibt jedoch völlig unklar. Bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse (Ordnungswidrigkeit) wie auch bei Mietwucher (Straftatbestand) können nur die Betroffenen klagen, die das aus nachvollziehbaren Gründen oft nicht tun. Die Stadt selbst kann nicht klagen. Was aber könnte sie konkret tun? Darüber erfährt man nichts.
  • Soziale Erhaltungssatzungen: Dieses Instrument lässt sich nur eingeschränkt für den Kampf gegen Entmietung und Verdrängung nutzen.1 Die Stadt kann aber immerhin von einem Genehmigungsvorbehalt bei baulichen Maßnahmen (Abriss, bauliche Änderungen) und bei Nutzungsänderungen Gebrauch machen. Das sollte sie auch unbedingt im Interesse der Mieter:innen tun! Wir begrüßen, dass zu dem ersten in Bilk eingerichteten Satzungsgebiet nun noch drei weitere hinzukommen sollen. Die sollten möglichst dort eingerichtet werden, wo der Problemdruck am höchsten ist, wie z.B. in Golzheim, Pempelfort und Derendorf. Aber warum wurden zusätzlich zu Bilk nicht alle sieben der von der Verwaltung bereits vorgeschlagenen Gebiete einbezogen?

Zusammenfassendes Fazit

Die Absichtserklärungen im schwarz-grünen Sondierungspapier zielen darauf ab, mit finanziellen Anreizen die private Wohnungswirtschaft zum Bauen zu animieren, weil es der Markt allein nicht richtet. Trotz Zweifeln an der segensreichen Wirkung des Marktes scheint das Vertrauen in die Marktakteure nach wie vor ungebrochen zu sein. Die Aufweichung der Vorgaben des Baulandmodells beim Bau von Sozialwohnungen wird dazu führen, dass weniger bezahlbare Wohnungen gebaut werden. Mit dem Konstrukt „Gemeinwohlquote“ werden Startmieten von 12 € legitimiert, die für viele Haushalte nicht erschwinglich sind. Darüber hinaus wird dieses Konstrukt ein Einfallstor für Missbrauch sein.

Für das Vorgehen gegen Spekulation und Verdrängung gibt es lediglich Absichtser-klärungen, aber kaum Konkretes. Beim Vorgehen gegen irreguläre Kurzzeitvermie-tungen ist die Stadt von erhofften Gesetzen und Verordnungen auf Landes- und Bun-desebene abhängig, auf die sie keinen Einfluss hat. Und was ungerechtfertigte Mieterhöhungen betrifft, fehlt jeder Hinweis, was die Stadt selber dagegen tun könnte.


Erhaltungssatzungen soll es nun in drei weiteren Gebieten geben. Nur wenn man berücksichtigt, dass der Oberbürgermeister schon die bereits bestehende Satzung in Bilk gegen den Widerstand seiner eigenen Partei CDU durchsetzen musste, die die-sem Instrument grundsätzlich ablehnend gegenübersteht 2, kann man das als Erfolg für die Grünen durchgehen lassen. Gleichwohl wäre es sinnvoll gewesen, sofort in allen von der Verwaltung bereits ausgewiesenen Gebieten – mit Bilk sind das acht – Erhaltungssatzungen einzurichten. Abgesehen von der ohnehin nur begrenzten Wirkung dieser Satzungen könnte es ein abschreckendes Signal an Spekulanten sein, wenn ihre dann meldepflichtigen Vorhaben nicht nur in einem, sondern in mehreren Stadtteilen schärfer beobachtet und geprüft werden.


Wir warten nun das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen ab. Für die Mieter:innen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind, sind die schwarz-grünen Sondierungsgespräche jedoch wenig ermutigend. Wenn die neue (und alte) Stadtspitze mit so wenig Ambitionen in die neue Ratsperiode startet, wie es die Sondierungser-gebnisse vermuten lassen, wird es keine deutlichen Verbesserung für diejenigen Düs-seldorfer Mieter:innen geben, die schon jetzt und in Zukunft von Entmietungsmechanismen betroffen sind. Vielmehr wird sich die Situation weiter zuspitzen, noch mehr Menschen werden in zu kleinen und zu teuren Wohnungen leben und ihre angestammten Stadtteile und sozialen Umfelder verlassen müssen. Da muss noch viel mehr passieren!


Bündnis für bezahlbaren Wohnraum


Düsseldorf, 20.11.2025

1 Der im Rahmen von Erhaltungssatzungen mögliche kommunale Genehmigungsvorbehalt bei Woh-nungsumwandlungen ist in NRW nicht anwendbar, da die NRW-Bauministerin Scharrenbach (CDU) die erforderliche Rechtsverordnung des Landes verweigert. Auch die präventive Nutzung des kommunalen Vorkaufsrechts ist aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts derzeit nicht möglich.

2 Im Programm der CDU zur Kommunalwahl heißt es zur Erhaltungssatzung in Bilk ausdrücklich: „Die Satzung ist nach unserer Überzeugung nicht geeignet, um eine Handhabe gegen Entmietung zu haben. Stattdessen sehen wir in ihr eine bürokratische Fessel für Stadtverwaltung, Eigentümer und Mieter.“ Das klingt wie der O-Ton von „Haus und Grund“.