Offener Brief der Düsseldorfer MP Mieter:innen
Düsseldorfer Mieter:innen
der MP GmbH & Co KG
C/O
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum
Düsseldorf, den 05.11.2022
An
Herrn Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller
Zur Kenntnis:
- Beigeordnete für Planen, Bauen und Liegenschaften, Frau Cornelia Zuschke
- Fraktionsvorsitzende der Parteien im Rat der Stadt Düsseldorf (CDU, Grüne, SPD/Volt, FDP, Die Linke, Die Partei/Klimaliste)
- Vorsitzende des Ausschusses – Wohnungswesen und Modernisierung, Frau Antonia Frey
- Vorsitzender des Ausschusses für Planung und Stadtentwicklung, Herrn Dr. Alexander Fils
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Keller,
wir sind ein Zusammenschluss von Düsseldorfer Mieter:innen des Firmennetzwerks der MP GmbH & Co KG (MP = Mamisch und Paschertz).
Erstmals wurde medial über die MP GmbH & Co KG Anfang 2022 berichtet. In den ersten Berichten ging es um aus unserer Sicht unsachgemäße Baumaßnahmen, unerträgliche Umgangsformen und den durch die Firma verursachten Leerstand. Die Immobilienfirmen des Firmennetzwerks von Mamisch und Paschertz kaufen seit einigen Jahren immer mehr Häuser in Düsseldorf. Mit der Unterstützung des Düsseldorfer Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum fanden wir Mieter:innen uns. 2022 konnten wir über 50 Häuser des Firmennetzwerkes identifizieren, von denen viele bereits leerstehen. Wir haben derzeit zu ca. 50 Mieter:innen Kontakt. Wir als Betroffene erhalten weiterhin Unterstützung durch das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum.
Die MP GmbH & Co KG kaufte in den vergangenen vier Jahren viele Mehrfamilienhäuser. Nach dem Kauf einer neuen Immobilie verfährt die Firma regelmäßig nach einem ähnlichen Schema: Viele Mieter:innen bekommen zunächst Besuch von Vertreter:innen der neuen Eigentümerin, um „gegenseitige Interessen abzuwägen“. Diese Gespräche werden meist von den Mieter:innen als Drohszenario empfunden, welches sie zum Auszug bewegen soll: Die Wohnungen würden in Eigentumswohnungen umgewandelt oder / und umfassend saniert. Den Mieter:innen werden mitunter Auszugsprämien zwischen 3.000 und 8.000 Euro angeboten, die unserer Meinung nach fernab einer Kompensation für den Verlust des bezahlbaren Wohn- und Lebensraums sind. Dennoch nehmen immer wieder Mieter:innen diese unzureichenden Angebote an. Viele Wohnungen stehen daher derzeit leer. In anderen Fällen wird ohne jegliche Ankündigung oder Information in den Häusern und Leerstandswohnungen mit massiven Bauarbeiten begonnen. Das Wohnen wird dann häufig durch die Bauarbeiten als unerträglich empfunden. Neben dauerndem Lärm und Schmutz ist es ungewiss, ob und wann Wasser oder Strom verfügbar sind oder ob im Winter geheizt werden kann. Außerdem scheinen in vielen Häusern die Baumaßnahmen unsachgemäß durchgeführt zu werden, was immer wieder zu Beeinträchtigungen wie Wasserschäden oder anderen Unfällen führt. Auch die Umgangsformen der Bauarbeiter führen zu extrem belastenden Situationen: So wurden z.B. Türen aufgebrochen, obwohl in den Wohnungen noch Mieter:innen leben. In Einzelfällen wurden vormals intakte Wohnungen leergezogen und dann komplett entkernt. Die Wohnungen blieben dann als Dauerbaustelle auf für uns unabsehbare Zeit unbewohnbar. Aufgrund der geschilderten Vorkommnisse haben wir den Eindruck gewonnen, dass wir aus unseren Wohnungen vertrieben werden sollen. Wir gehen davon aus, dass mehr als 100 Wohnungen des Firmennetzwerks teils seit Jahren leer stehen und dies, obwohl es in Düsseldorf eine Wohnraumschutzsatzung gibt.
Wir haben versucht, uns Unterstützung bei den zuständigen Behörden zu holen (Amt für Wohnungswesen, Umweltamt, Bauaufsichtsamt), fühlen uns aber oftmals mit unseren Problemen allein gelassen.
In Düsseldorf gibt es kaum bis keinen bezahlbaren Wohnraum. Eine neue andere Wohnung in Düsseldorf können sich die meisten von uns nicht mehr leisten, weswegen ein Auszug keine Option ist. Die Ausweglosigkeit der Situation führt zu enormen physischen und psychischen Belastungen. Zudem ist für uns Wohnen mehr als nur ein Dach über dem Kopf: Bei einem Umzug würde unsere Nachbarschaft verloren gehen und damit unser gesamtes soziales Umfeld, aber auch unsere Infrastruktur von Ärzt:innen und Physiotherapie bis zu fußläufigen Einkaufsmöglichkeiten. Diese Infrastruktur ist insbesondere für die Älteren von uns wichtig, da im Alter die Mobilität oftmals abnimmt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Urteilsbegründung zur sog. Mietpreisbremse festgestellt: „Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken.“ Und „[…], dass der Erhalt einer sozial gemischten Bevölkerung in innerstädtischen Quartieren im Interesse des Gemeinwohls liegt!“
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Keller, wir appellieren an Sie, im Interesse des Gemeinwohls dem Geschäftsmodell der MP GmbH & Co KG entgegenzuwirken!
Es ist uns bekannt, dass es Möglichkeiten gibt, gegen ein Geschäftsmodell vorzugehen, das die Vertreibung von Mieter:innen einkalkuliert, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, und dass diese Möglichkeiten in anderen Städten auch schon genutzt werden. Durch einen kommunalen Genehmigungsvorbehalt könnte im Interesse des Gemeinwohls die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbunden werden. Ähnlich könnte auch das kommunale Vorkaufsrecht genutzt werden. Wir sind der Meinung: Vermieter:innen, die wie die MP GmbH & Co KG immer wieder negativ auffallen, müssen gestoppt werden. Das kommunale Vorkaufsrecht könnte helfen, damit Mieter:innen unseriösen Immobilienfirmen nicht länger schutzlos ausgeliefert sind.
Wir fordern Sie als Oberbürgermeister auf, uns mit dieser unhaltbaren Situation nicht allein zu lassen! Setzen Sie sich konsequent gegen den Leerstand von Wohnraum ein. Helfen Sie uns, den noch vorhandenen bezahlbaren Wohnraum zu schützen.
Wir appellieren an Sie, sich bei der NRW-Landesregierung dafür einzusetzen, dass die Kommunen die Möglichkeiten des schon im letzten Jahr als Bundesgesetz verabschiedeten Baulandmobilisierungsgesetzes endlich auch nutzen können. Das gilt insbesondere für die darin enthaltenen Instrumente des kommunalen Genehmigungsvorbehalts bei Wohnungsumwandlungen und des erweiterten kommunalen Vorkaufsrechts.
Wir freuen uns über eine umgehende Antwort und Ihre tatkräftige Unterstützung!
Mit freundlichen Grüßen
Der Zusammenschluss der Düsseldorfer Mieter:innen der MP GmbH & Co KG.